Von Einnahmen und Ausgaben: Mörsbacher Ortsbürgermeister Christian Winter über kommunale Haushaltsplanung | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Teil II

Von Einnahmen und Ausgaben: Mörsbacher Ortsbürgermeister Christian Winter über kommunale Haushaltsplanung

Teil I des Interviews informierte über allgemeine Grundsätze und Verfahren der kommunalen Haushaltsplanung. Teil II beschäftigt sich nun konkret mit Zahlen, Chancen, Herausforderungen des Mörsbacher Gemeindehaushaltes.

1. Christian, woher kommt eigentlich dieser steigende Druck zum Haushaltsausgleich auf die Gemeinden?
Der Haushaltsausgleich ist deshalb so schwierig, weil die Kosten einfach jedes Jahr steigen, die Einnahmen aber nicht Schritt halten. Exemplarisch seien für das Jahr 2025 die Umlagen für VG und Kreis genannt, die im Vergleich zum Vorjahr von 31 auf 36,5 bzw. von 42 auf 43 Prozent erhöht wurden. Allein dadurch haben wir Mehrausgaben von mehr als 30.000 Euro zu verkraften und zu stemmen, die nicht annähernd durch die moderate Anhebung der Grundsteuerhebesätze ausgeglichen werden können.
Und der Druck kommt zwar direkt gesehen von der Kommunalaufsicht, d.h. in unserem Fall von der Kreisverwaltung. Aber letzten Endes gibt es einfach gesetzliche Vorgaben, z.B. in der Gemeindeordnung, die eingehalten werden müssen und für die der Kreis im Prinzip nur das ausführende Organ ist. Im Übrigen steht der Kreis selbst genauso unter dem Druck zum eigenen Haushaltsausgleich, in dem Fall von der übergeordneten ADD (Aufsichts-& Dienstleistungsdirektion, Anm. d. Red.).

2. Kannst Du die aktuelle Haushaltssituation unserer Ortsgemeinde Mörsbach beschreiben? Woher stammen die Haupteinnahmen der Gemeinde? Was sind die größten Ausgabenposten? Wie ist die Verschuldungssituation?
Ganz schön viele Fragen und Aspekte in einer. Die Haushaltssituation würde ich mit „angespannt mit wenig Spielraum“ bezeichnen.
Also, mal angefangen mit den größten Ausgabenposten: ohne detailliert nachgeschaut zu haben, sind das aus dem Kopf aufgezählt: die Umlagen für den Kreis und die Verbandsgemeinde, denn diese Institutionen haben kaum „eigene“ Steuereinnahmen und müssen ja auch finanziert werden. Daneben zahlen wir auf das Konto des Kindergartenzweckverbandes zur Finanzierung des „Spatzennestes“ in Niedermörsbach ein; die Kindergärten sind eine klassische Aufgabe der Ortsgemeinden. Typische weitere Kostenpunkte sind die Unterhaltung der Friedhöfe, des Bürgerhauses und des öffentlichen Grüns in der Gemeinde, auch der Forst ist ein nennenswerter Ausgabenposten. Aber natürlich schlägt z.B. auch die Aufwandsentschädigung für den Ortsbürgermeister zu buche. Die Einnahmequellen habe ich zuvor schon kurz skizziert (s. Teil I des Interviews, Anm. d. Red.), die sind leider für das Haushaltsjahr 2025 geringer als die Ausgaben, wodurch wir in ein veritables Haushaltsdefizit hereinrutschen, welches durch unsere Rücklagen gedeckt werden muss und zumindest 2025 auch (noch) gedeckt werden kann.
Zur Verschuldungssituation lässt sich sagen, dass wir noch dabei sind, den Rest des Kredites für das Bürgerhaus zu bedienen, das sind noch rund EUR 90.000.

3. Gibt es Fördermittel oder Zuschüsse, für die wir uns als Gemeinde bewerben oder bewerben können? Oder erhalten wir schon bestimmte Fördermittel?
Wir haben zum Beispiel 7.500 Euro Fördermittel in 2024 zur Errichtung von Notfalltreffpunkten in Anspruch genommen. Von diesem Zuschuss hat die Gemeinde das Notstromaggregat angeschafft, welches beim Stromausfall am 01. Januar zum ersten Mal unter Realbedingungen erfolgreich getestet wurde und die Wichtigkeit der Anschaffung im Fall der Fälle unter Beweis gestellt hat.
Ebenso werden wir in 2025 Geld aus dem KIPKI-Topf erhalten (ca. 4.500 Euro), wenn wir um die Grillhütte herum den Baumbestand wieder aufpflanzen. Das ist ein Förderprogramm vom Land Rheinland-Pfalz mit Bezug zum Klimaschutz. Darüber hinaus gibt es immer wieder Tatbestände, die für eine Förderung in Frage kommen, sofern bestimmte Kriterien erfüllt werden. In erster Linie ist da das LEADER-Programm zu nennen, ein Förderprogramm der EU für die Stärkung der Entwicklung des ländlichen Raums.

4. Welche langfristigen Herausforderungen und Chancen siehst du für die Haushaltsplanung der Gemeinde? Was können wir uns zukünftig überhaupt noch leisten?
Naja, ich fürchte, die Herausforderungen sind größer als die Chancen.
Die größte Herausforderung ist erstmal Jahr für Jahr die laufenden Einnahmen und Ausgaben einigermaßen in Einklang zu bringen. Wenn wir jedes Jahr Defizite mit Rücklagen ausgleichen müssen, sind wir ziemlich schnell am Ende.
Und was die Finanzierung von Investitionen angeht, werden wir entscheiden müssen, ob wir sparen, Steuern erhöhen oder Schulden machen wollen.
Mittel- und langfristig werden wir uns alle gemeinsam, ich als Ortsbürgermeister, der Gemeinderat, aber auch die Bürgerschaft damit beschäftigen müssen, was wir uns noch leisten können und wollen. Ich will keine Schreckensszenarien an die Wand malen, aber schonmal darauf vorbereiten, dass es ganz schön ruppig werden könnte, was die Gemeindefinanzen und damit vielleicht auch gewohnte Leistungen und Aufgaben angeht.

5. Wie werden die Prioritäten im Haushaltsplan festgelegt? Was ist Pflicht? Was ist die Kür und kann weggelassen werden?
Pflicht sind zuvorderst die festgesetzten Umlagen an Kreis und Verbandsgemeinde, da kommen wir nicht drumherum. Genauso die Beiträge zum Kindergartenzweckverband. Das Bestattungswesen, also die Friedhöfe, fällt ebenfalls unter die Pflichtaufgaben der Gemeinde. Gleichzeitig sind die Steuereinnahmen (außer den Grundsteuern, die legen wir ja selbst fest) wenig beeinflussbar. Damit sind die von uns zu bestimmenden und zu steuernden Prioritäten ja schonmal ziemlich eingeschränkt.
Die restlichen Mittel werden dann so verwendet, geplant und priorisiert, wie Ortsbürgermeister und Gemeinderat den Gestaltungsspielraum nutzen wollen. Wo können wir Mittel einsparen und an anderer Stelle einsetzen? Können wir Einnahmen signifikant erhöhen? Wollen wir Schwerpunkte setzen, z.B. Wald? Was ist, wenn beim Bürgerhaus irgendwann mal größere Renovierungsmaßnahmen anfallen? Wie unterhalten wir in der Zukunft unsere Wirtschaftswege? Wollen wir Investitionen tätigen, wenn ja, welche und in welcher Höhe? Wollen wir die Bürger*innen vermehrt bitten, durch ehrenamtliche Arbeitsaktionen unser Budget zu schonen? Können/wollen wir dem Dorf und der Dorfgemeinschaft Zumutungen und Einschränkungen auferlegen? Fallen bisher als selbstverständlich wahrgenommene Leistungen und Angebote der Gemeinde vielleicht irgendwann dem Rotstift zum Opfer?
All das sind Fragen, die nicht mir zu stellen sind, sondern mit denen sich das gesamte Dorf vielleicht irgendwann auseinandersetzen muss. Und über die im besten Falle ein gemeinsamer Konsens gefunden wird, ohne dass unser Dorf seinen Charakter und vor allem seine Einigkeit und Zusammenhalt verliert. Wenn uns das gemeinsam gelingt, dann entsteht vielleicht trotz oder gerade wegen der ganzen finanziellen Widrigkeiten eine ganz eigene, positive, vielversprechende Dorfdynamik.

Vielen Dank für die Informationen und Erklärungen in den beiden Interview-Teilen. Gerne stehen Ortsbürgermeister und die Mitglieder des Gemeinderates für weitere Fragen und Anregungen zur Verfügung.